Schreitest bestanden
„Jetzt machen wir beide den Schreitest“, sagt Geschäftsführer Christian Theisen und bittet Lkw-Fahrer Torsten Baier, in Zimmer eins zu gehen und dort die Tür zu schließen. Die Männer stellen sich auf jeder Seite an die Innenwand und legen lautstark los. Nichts! Kein Mucks ist zu hören. Theisen spricht von einer optimalen Schallisolierung, denn nach Stunden im Lkw steht für die Fahrer Nachtruhe ohne Störgeräusche ganz oben auf dem Wunschzettel. Baier, der für eine Jessener Spedition jährlich etwa 150.000 Kilometer abspult und als „Auserwählter“ bereits vor der offiziellen Eröffnung eine ruhige Nacht im Mini-Hotel des Düsseldorfer Unternehmens Roatel an der Bundestraße 187 verbracht hat, lobt die tolle Ausstattung des kleinen Appartements. „Klima, Fernseher, Internet, ein breites Bett, eine eigene Dusche. Das ist für einen Lkw-Fahrer der pure Luxus“, so der 49-Jährige, der seit einem Vierteljahrhundert auf dem „Kutschbock“ sitzt.
Baier erzählt, dass sich die Zeiten in der Lkw-Branche sehr verändert haben. Be- und entladen gehört zu den täglichen Aufgaben eines Brummi-Fahrers, der Preiskampf auf den Straßen tobt. „Da braucht man schon eine starke Partnerin, die einem den Rücken frei hält“, so der Wittenberger, denn ein Leben auf Distanz sei manchmal schon eine Belastungsprobe für jede Beziehung. Grundsätzlich findet der 49-Jährige das Konzept von „Roatel“ sehr durchdacht. „So etwas hätte ich mir schon früher gewünscht“, meint Baier und ergänzt, dass es nicht seine letzte Nacht im Mini-Hotel gewesen ist.
Spezielle Anforderungen
Die beiden aus Düsseldorf angereisten Geschäftsführer, Christian Theisen und Ralf-Peter Kals, erzählen im Rahmen der feierlichen Eröffnung, dass sie beide in der Branche schon viele Erfahrungen auch mit dem Aufbau von Unternehmen gesammelt haben. Kals erklärt, dass die Überseecontainer überwiegend aus Deutschland und den Niederlanden kommen, ein Unternehmen aus Löningen im Münsterland baut diese dann zu einer hochwertigen Hotelanlage um. "Wir setzen auf 45-Fuß-Container, damit unseren Gästen Platz zur Verfügung steht und ihren bei 2,50 Metern Höhe nicht die Decke auf den Kopf fällt", so Kals weiter, der grundsätzlich Anlagen mit vier Zimmern favorisiert. Dies sei wie beim Hausbau: da zählt jeder Quadratmeter. Die beiden Geschäftsführer sind stolz, mit Jessen den nächsten Standort erschlossen zu haben. Wenn das Hotel gut läuft, steht dem Aufbau eines zweiten Hotels nichts im Weg. Konkrete Zahlen gibt es in sechs bis acht Monaten. Ab dem 28. Januar sind die vier Zimmer bezugsfertig. Die Buchung erfolgt auf der Internetseite von Roatel oder über einen an der Außenwand des Hotels angebrachten QR-Code via Smartphone.
Attraktives Angebot
Grundstücksverpächter Thomas Barthel aus Jessen, der mit seiner Firma „Bau Plan Investment“ das Projekt mit betreut hat, erzählt beim Rundgang, dass er den Preis ab 49 Euro pro Übernachtung „sehr attraktiv“ findet. Zimmer mit Klimaanlage und Internetverbindung gleichzeitig, sind in der Stadt „eigentlich nicht zu finden“. „Es sind viele Brummi-Fahrer, Monteure, Radtouristen oder Bundeswehrangehörige in der Gegend unterwegs“, so Barthel, der sich keine Sorgen um die Auslastung der Anlage macht. „Einen Stellplatz für das Fahrzeug gibt es auch vor der Tür“, zieht der Jessener die nächste Trumpfkarte aus dem Ärmel – und zeigt auf die angrenzende Tankstelle, wo täglich mehrere Gerichte auf der Speisekarte stehen.
Pächter Christoph Pötzsch findet es super, dass ausgerechnet ein Unternehmen aus Düsseldorf seine Zelte an der B187 aufschlägt. „Ich habe meine Laufbahn als Koch in einem Hotel dieser Stadt begonnen“, blickt er auf „sehr schöne Jahre“ zurück. Zudem betont Pötzsch, dass für die Verpflegung der Hotel-Gäste rund um die Uhr gesorgt ist. „Ab 22 Uhr ist unser Nachtschalter geöffnet“, so der Pächter, der zur Eröffnung extra die Gulaschkanone in Betrieb genommen hat. „Ich kann mir vorstellen, dass hier auch Zimmer im Rahmen von Familienfeiern gebucht werden“, denn nicht jeder Jubilar verfügt über eine XXL-Wohnung.
Übrigens: Neben der Anlage befindet sich ein Container mit frischer Wäsche und Putzmitteln. Denn nach Mini steht Hotel.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung (zuletzt abgerufen am 26.01.2022)