Roatel-Chef: "Ein Einzelzimmer wird unter 50 Euro liegen"
von Tobias Bosse
Auf dem Markt für autobahnnahe Übernachtungsangebote mischt auch ein Start-up aus Düsseldorf mit. Der Name „Roatel“ ist eine Komposition aus den Wörtern Road und Hotel. Dabei handelt es sich um ein Mikrohotel-Konzept, wo die Schlafgäste in einem umgebauten Überseecontainer nächtigen. Bis Mitte 2021 sollen die Container-Hotels bereits an fünf Standorten in Deutschland verfügbar sein. Das sei aber erst der Anfang, versichert Christian Theisen, geschäftsführender Gesellschafter bei Roatel, im DVZ-Interview.
DVZ: Wann kam Ihnen die Idee für das Mikrohotel-Konzept Roatel?
Christian Theisen: Spätestens durch die Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes im Mai 2017 und das Urteil des EuGH im Dezember desselben Jahres wurden wir aufmerksam. Als die EU den Gesetzgebungsprozess forciert hat und wir in der Diskussion mit Marktteilnehmern eine gewisse Ratlosigkeit festgestellt haben, kam uns die Idee, dass hier ein immenses Problem entstehen könnte, für das es praktisch keine Lösung gibt. Insofern gründeten wir Anfang 2019 die Roatel GmbH.
Wer gehört zu Ihrem Gründerteam?
Die Roatel GmbH wurde im Januar 2019 von Ralf-Peter Kals, Martin Swart und mir gegründet. Alle Gründer sind Geschäftsführer und verfügen über langjährige unternehmerische Erfahrung.
Zu welchem Anteil ist Ihr Unternehmen staatlich gefördert?
Roatel erhielt im Rahmen des Programms „SeedCap Digitale Wirtschaft“ von der NRW.Bank Fremdkapital in Höhe von 100.000 EUR.
Gibt es Investoren im Hintergrund?
Erster Investor im Rahmen des SeedCap-Programms war 2019 der Angel Investor Peter Prange, der Fremdkapital bereitgestellt hat. Im Sommer 2020 hat sich ein Unternehmen aus Niedersachsen beteiligt, welches auch mit der ersten Serienfertigung beauftragt ist.
Sind Sie offen, Anteile zu veräußern?
Grundsätzlich ja.
Wie groß schätzen Sie den Bedarf von Hotelbetten in Deutschland in den nächsten zehn Jahren ein?
Prof. Peter Klaus von der Uni Erlangen-Nürnberg schätzt den Bedarf heute auf 75.000 Hotelbetten pro Jahr. Wir gehen davon aus, dass die Tendenz in den kommenden zehn Jahren steigend ist.
Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Wir bieten eine Lösung, die schnell installiert und in Betrieb genommen werden kann. Investitionen seitens des Standortpartners sind – wenn überhaupt – nur in geringem Umfang nötig. Der Partner hat nichts nicht mit der Vermietung und Reinigung der Zimmer zu tun. Die Roatel-Zimmer werden bundesweit beworben und können zentral über unsere Roatel-Plattform gebucht und bezahlt werden. Personal vor Ort wird nicht benötigt. Check-in und Check-out erfolgen über das Smartphone, mit dem man dann auch die Tür öffnen kann.
Wie viele Roatels planen Sie in den nächsten zehn Jahren zu eröffnen?
Unser Geschäftsplan sieht vor, innerhalb der nächsten fünf Jahre 600 Roatels mit je vier Zimmern allein in Deutschland aufzustellen, insgesamt also 2.400 Zimmer. Es können bis zu drei Roatels an einem Standort wirtschaftlich betrieben werden, wobei wir in der Anfangsphase zur besseren Flächendeckung zunächst mit einem Roatel je Standort planen.
Soll das Geschäftsmodell im europäischen Ausland skaliert werden?
Ja. Insbesondere die europäischen Transitländer kommen dafür infrage.
Mit welchen Partnern arbeiten Sie bereits zusammen?
Wir arbeiten bereits konkret an den ersten Standorten mit verschiedenen großen Tankstellenbetreibern sowie Logistikunternehmen zusammen.
Wie sieht so eine Partnerschaft aus?
Unsere Partner müssen – bis auf die Bereitstellung der Versorgungsanschlüsse – keine Investitionen tätigen, sondern erhalten von uns vielmehr eine Pacht gezahlt. Zusätzlich können sie – wenn gewünscht – Teile unserer Dienstleistungen übernehmen und werden dafür von uns ebenfalls entlohnt.
Wie lange dauert der Auf- beziehungsweise Abbau Ihrer Container?
Die Roatels werden fertig im Werk zusammengebaut, auf einen LKW verladen und können dann vor Ort in kürzester Zeit – an einem Tag – aufgestellt werden. Gleiches gilt für den Abbau. Lediglich die Versorgungsanschlüsse müssen vorbereitet werden.
Wie viel kostet ein Container von der Produktion bis zum Bezug?
Wenn man sich im Internet umschaut, gibt es viele interessante Konzepte für Wohnraum in umgewandelten Überseecontainern. Für den Privatgebrauch mag das genügen und auch die Frage der Wirtschaftlichkeit ist dann eher nachrangig. Für uns kamen diese Konzepte jedoch nie in Frage. Eine Hotelbox, wie wir sie uns vorgestellt haben, gab es also bislang in dieser Form nicht. In den letzten zwei Jahren haben wir viel Zeit und Kapital in die Entwicklung investiert und zusammen mit einem Planungsbüro und entsprechenden Fachleuten das Roatel entwickelt. Die Produktionskosten sind verhältnismäßig hoch. Qualität hat halt seinen Preis.
Wie viel soll eine Übernachtung kosten?
Eine Übernachtung auf der Autobahn kostet normalerweise 89 EUR plus Frühstück. Dafür sind die Zimmer dann auch geräumiger, was jedoch nicht von der Zielgruppe der Kraftfahrer unbedingt nachgefragt wird. Ein Einzelzimmer mit Dusche und WC, TV und WiFi im Roatel wird unter 50 EUR liegen. Wir stehen zudem mit Unternehmen in Verhandlung, die ihren Kunden weitere Preisnachlässe ermöglichen wollen.
Christian Theisen
Der Roatel-Gesellschafter ist gelernter Bank- sowie Diplom-Kaufmann. Parallel zu seiner Promotion arbeitete er in der Geschäftsführung des familiären Immobilienunternehmens. Aktuell ist er Partner der Investment-Boutique SeedVC mit Sitz in der Düsseldorfer Königsallee.
Quelle: DVZ (zuletzt abgerufen am 10.05.2020)